Hard Skills: Welchen Stellenwert haben die fachlichen Kompetenzen in Unternehmen?
Lesedauer: 4 Minuten
Werden im Unternehmen Stellen ausgeschrieben, gilt es, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Eine wichtige Variable bei der Einstellung neuer Mitarbeiter, aber auch insbesondere bei der Auswahl von Führungskräften, sind die vorhandenen Hard Skills. Bereits im Vorfeld der Stellenausschreibung überlegen Abteilungsleitung und HR-Spezialist, welche Skills für die freie Position erforderlich sind, [...]
Werden im Unternehmen Stellen ausgeschrieben, gilt es, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Eine wichtige Variable bei der Einstellung neuer Mitarbeiter, aber auch insbesondere bei der Auswahl von Führungskräften, sind die vorhandenen Hard Skills. Bereits im Vorfeld der Stellenausschreibung überlegen Abteilungsleitung und HR-Spezialist, welche Skills für die freie Position erforderlich sind, und erstellen auf dieser Grundlage ein Anforderungsprofil für mögliche Bewerber. Eine Liste aus Sozial- und Fachkompetenzen, den sogenannten Soft und Hard Skills, die notwendig sind, um das jeweilige Aufgabengebiet im Sinne der Unternehmensstrategie ausfüllen zu können. Hard Skills gelten als mess- und somit vergleichbar. Sie sind auswendig gelerntes, angewandtes Wissen und oftmals ein erster Indikator dafür, ob ein Bewerber möglicherweise für eine Position infrage kommt. Zudem untermauern die fachlichen Kompetenzen ein vorläufiges Ranking der Kandidaten.
Hard Skills als Messlatte im Bewerberranking
Die Bandbreite an Hard Skills ist vielfältig und zudem stark positionsabhängig. Sie reicht von Kenntnissen im Projektmanagement über den versierten Umgang mit Softwareprogrammen bis hin zu betriebswirtschaftlichen Themen. Ist eine Position im Unternehmen ausgeschrieben, sollten sich HR-Spezialisten vor der Auswahl realistisch und möglichst präzise überlegen, über welche fachlichen Kompetenzen geeignete Bewerber verfügen sollten. Nur wenn hier detailliert überlegt wird, ist im Anschluss eine fundierte Personalentscheidung möglich. Hierzu zählt es auch, das Team zu kennen, das den neuen Stelleninhaber als Kollegen oder Führungskraft annehmen muss. Nur wer menschlich zur Unternehmenskultur passt und für dieselben Werte steht, kann seine Stelle erfolgreich ausfüllen.
Fachkompetenz im Umbruch
Das Verständnis von Hard Skills befindet sich in ständigem Wandel. Es ist ohne Frage wichtig, über alle fachlichen Kompetenzen zu verfügen, die für die Ausübung des täglichen Jobs notwendig sind. Und dennoch sind Hard Skills der Kompetenzbereich, in dem am leichtesten neues Wissen erworben werden kann. Somit stellt sich hier durchaus die Frage, wie weit sie tatsächlich als Auswahlindikator bei der Personalrekrutierung dienen sollten und ob andere Faktoren nicht ausschlaggebender sind.
Fakt ist: Heutzutage ist ein fachliches Defizit in den Hard Skills längst keine Ausnahme mehr, sondern ein wiederkehrender Regelfall. In der Arbeitswelt von heute verändern sich permanent Bedingungen, Aufgaben, Prozesse, Abläufe. Das Maß an fachlicher Kompetenz, das gestern noch für die Bewältigung der beruflichen Aufgaben mehr als ausreichend war, kann morgen bereits komplett überholt sein. Die Halbwertszeit von Wissen sinkt durch den kontinuierlichen Fortschritt signifikant. Aktuell wird betrieblichem Fachwissen noch eine Halbwertszeit von 4 Jahren zugeschrieben, Spezialwissen in der IT gilt dagegen bereits nach 1,5 Jahren als veraltet.
Dies ist das Ergebnis vieler Faktoren, die sich aufsummieren. Durch einen starken Vorwärtsschub in der Digitalisierung verlagern sich Positionen und Aufgaben. Arbeitsprozesse werden schneller, Stellen wahlweise automatisiert oder neu geschaffen.
Dieser kontinuierliche Wandel erfordert lebenslanges Lernen. Niemand ist je fertig. Niemand weiß je alles. Technik, Digitalisierung und Arbeitsabläufe schreiten voran und jeder muss seine Hard Skills immer wieder erweitern und erneuern.
Zu den Aufgaben der Personalentwicklung in Unternehmen zählt es daher – auch im Sinne der Wertschöpfung – stets die fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter und insbesondere der Führungskräfte im Blick zu behalten und regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen. Dies wird nur möglich, wenn der Ist- Zustand konstant evaluiert wird und entsprechende Weiterbildungen angeboten werden.
Loslassen. Umdenken. Neu ausrichten.
Da ohnehin alles im Unternehmen immer in Bewegung ist und Wissen niemals dauerhaft trägt, muss auch der Unternehmensbereich der Human Resources umdenken und sich neu ausrichten. Personalfindung auf der Basis von Hard Skills ergibt nur wenig Sinn, wenn an dieser Stelle ohnehin leicht mit einer entsprechenden Schulung nachjustiert werden kann.
Wer Mitarbeiter will, die die Unternehmensphilosophie über Jahre mittragen, für dieselben Werte stehen, sich identifizieren und mit Engagement einbringen, benötigt Persönlichkeiten mit Charakterstärke. Mit Teamgeist und mit dem Willen, sich zu entwickeln.
Das ist die Definition von hervorragenden Mitarbeitern. Es ist nicht das Alter und nicht die damit einhergehende langjährige Berufserfahrung. Und es sind nicht die vorhandenen Hard Skills.
Update in der Gesprächsführung
Personalrekrutierung geht längst neue Wege. Vorbei sind die Zeiten der Frage-Antwort-Runden, die ohnehin konstruiert und nie aussagekräftig waren. Und vorbei sind Bewerbungsgespräche mit Machtgefälle, in denen der Bewerber sich stets auf der unteren Ebene befand. Gespräche verlaufen heute bspw. in Form von strukturierten Interviews und sind ein fairer, gleichrangiger Dialog auf Augenhöhe. Der Bewerber hat die Möglichkeit, seine Persönlichkeit und seine Arbeitsweise zu präsentieren und zu erläutern. Doch auch das Unternehmen muss in diesem Gespräch insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels als potenzieller Arbeitgeber überzeugen.
Hard Skills geben nur eine Tendenz
Nichts spricht dagegen, auch weiterhin die Hard Skills im Blick zu behalten, die für eine Position im Unternehmen benötigt werden. Doch sollten sie lediglich der groben Orientierung dienen und nicht als alleiniges Kriterium bei der Bewerberauswahl.
Passt ein Bewerber perfekt zum Unternehmen oder ins Team und stimmen die Soft Skills, ist es erfolgversprechender, diesen Kandidaten auszuwählen und ggf. fehlende Hard Skills nachzuschulen, als sich für einen Bewerber zu entscheiden, der zwar die komplette Bandbreite an geforderten Hard Skills abdeckt, aber ansonsten über keine überzeugende Persönlichkeit verfügt.
Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen sich im Regelfall nicht von Mitarbeitern trennen, weil ihnen eine fachliche Kompetenz fehlt, sondern weil sie schlichtweg nicht ins Team passen. Und genau deshalb sollte die Persönlichkeit den Ausschlag geben.